Wunschtraum eines Wanderers

Wunschtraum eines Wanderers

Ein jeder Mensch in seinem Leben,
tut meist nach etwas Höh’rem streben,
bewegt irn Herzen einen Traum;
doch Wirklichkeit wird der wohl kaum.
Mein Wunsch ist, ich gesteh’ es ein:
„Ich möcht’ mal Wanderführer sein.“

Als Wanderführer wär‘ ich wer,
ich wär’ der Wandergruppe Herr.
Ich sagt wohin sie gehen muss,
wär’ immer vorne, nie am Schluss.
Ich kauft’ für ’n Bus die Fahrschein’ ein –
Ach, könnt’ ich Wanderführer sein!

Ich könnt an allen Wandertagen
sie früh aus ihren Betten jagen,
durchs dichteste Gestrüpp sie hetzen
ließ sie bergrauf und -runter wetzen,
und legte noch ’nen Umweg ein —
Ach, könnt’ ich Wanderführer sein!

Ich könnt’ bestimmen, was sie essen,
würd’ mal den richt’gen Weg vergessen.
Geböte Rast zur Frühstückspause
und für so manche andre Sause
und gäb’ fast alles dafür her
wenn ich doch Wanderführer wär!

Das war’s, was früher ich mal dachte!
Seit ich die letzte Wand’rung machte,
erkenne ich mit sich’rem Blick:
Dies wär nicht mehr mein höchstes Glück.
Denn Welches wirklich schwere Los
hat so ein Wanderführer bloß?

Ganz vorneweg in allen Fällen
muss gutes Wetter er bestellen.
und scheint die Sonn‘ – ist’s viel zu warm.
Ist’s kalt- kriegt’s mancher an den Darm.
Der Nebel ist ganz unerwünscht,
und regnet’s gar, wird er gelyncht.

Und bei der Deutschen Bundesbahn
steht wegen Fahrkarten er an.
Nicht für die mit Seniorenpass –
die machen für ihn keinen Spaß.
Nein, für die and’ren muss er prahlen,
damit sie möglichst wenig zahlen,
was jedoch nicht stets gelingt,
wenn nur ein Grüpplein ihn umringt.

Der nächste Punkt, die Übernachtung,
verdient besondere Beachtung.
Ein jeder will ein Einzelzimmer,
verbunden mit dem Wunsche immer
für eig’ne Dusche, Bad und Klo,
natürlich billig, sowieso.
Und wer sich dann noch fühlt verloren,
braucht eine Wärmflasch‘ mit zwei Ohren,
und jeden Tag zum Abendessen
verlangt man nur Delikatessen.
Kaffee und Bier und Schnaps und Wein,
die müssen immer preiswert sein.

Der Weg darf nie bergaufwärts führen,
kein Wanderführer darf ’s riskieren!
Kein Wand’rer kann ihn sonst noch leiden.
Wer will ihn um das Amt beneiden?
In kurzen Worten schlicht und fein:
„Ein Wanderführer muss ein Engel sein! –

Da ich wohl dafür nicht gemacht,
so hab‘ ich meinem Wunsch entsagt.
Ich will kein Wanderführer sein –
ich latsche lieber hinterdrein!